Bericht aus dem Süden Europas 2024 – Das sizilianische Müllproblem

Hier die Hörversion und der Beitrag auf Youtube

Ein Erfahrungsbericht für alle über ein mir sehr wichtiges Problem

Ich verbrachte zum Jahreswechsel 2023-2024 eine Weile auf Sizilien und habe dort sehr viele schöne und besondere Momente verbracht und Eindrücke gesammelt.

Die Insel Sizilien im Süden Italiens ist etwas Besonderes und eine sehr wertvolle Erfahrung für jeden Reisenden, ob allein oder mit der Familie.

Ich will mich aber auch etwas abseits der Touristenzentren auf die Entdeckerpfade mit dir begeben und von einem Problem berichten, das mir sehr stark ins Auge gefallen ist.

Und zwar geht es um das Müllbeseitigungsproblem auf Sizilien.

Ich weiß, dass dieses Thema schon seit einigen Jahren anhängig ist und auch medial kommuniziert wurde. Dieses Thema ist aber etwas in den Hintergrund gerückt und daher will ich dir neben den offiziellen Berichten meine persönliche Sichtweise und meine Erfahrungen schildern.

Dabei geht es mir nicht um Kritik oder Verurteilung, sondern um die reine und reale Darstellung der Situation und meiner Beobachtungen und Erfahrungen aus Gesprächen vor Ort.

Das Müllproblem in der Realität

Bericht aus dem Süden Europas - Das sizilianische Müllproblem

Um dieses Problem aufzuzeigen, möchte ich dir am Anfang zwei Situationen darstellen, die exakt so und exakt dort geschehen sind.

Der Schreck in der Nacht

Wir waren abends in der Stadt essen und auf dem Heimweg. 

Man fährt dort nachts im Dunklen meist ohne Straßenbeleuchtung auf kurvenreichen Landstraßen, die zum Teil eng gehalten sind, von einer Kurve in die nächste.

Wobei ich sagen muss, dass man abseits der Städte und Touristenzentren in einigen Regionen leider nicht mehr von Straßen sprechen kann, sondern von Schlaglochpisten.

Aber das ist ein Thema, das schon rein von der Infrastruktur an vielen Orten vorliegt. Süditalien ist nicht so reich wie der Norden des Landes, was man deutlich sehen kann.

Man merkt dabei, wo der Staat investiert und wo nicht.

Zurück zur Situation. 

Wir fuhren also durch die Dunkelheit und unterhielten uns normal. Da bogen wir um eine Ecke und ich sah auf einmal etwas vor mir auf der Straße liegen.

Da kein Gegenverkehr da war, wich ich aus und bremste abrupt. 

Wir sahen, bzw. vergewisserten uns, dass es ein Müllsack war, der da auf der Straße gelegen hatte. 

Ja, ein Müllsack. Wir fuhren sehr langsam weiter und sahen weitere Säcke.

Der Schreck war uns gehörig in die Glieder gefahren, aber solche Müllsäcke bzw. wilde Müllhalden findet man überall an der Straße. Das ist leider kein Einzelfall oder die Herausforderung einer einzelnen Kommune.

Man braucht vor allem im Süden der Insel nur die Städte zu verlassen und trifft auf den Landstraßen, manchmal auch an Straßenkreuzungen, auf wilde Müllhalden mit verschiedenstem Müll. Selbst beim Spazierengehen über Feldwege abseits der Hauptstraßen fand ich welche.

Lassen wir das einfach so stehen und sprechen gleich von der zweiten Situation.

Die Annahmeplätze

Nach einigem Durchfragen vor Ort und bei den Einheimischen bekamen wir die Information, wo und wie wir unseren Müll zu entsorgen haben.

Da wir in einem Airbnb wohnten, trugen wir selbst dafür Sorge.

Ich packte also den getrennten Müll ein und fuhr damit zum Müllplatz.

Wir hatten ermittelt, dass der Müll täglich in einem gewissen Zeitfenster an bestimmten öffentlichen Plätzen anlieferbar ist.

Dort standen auch die Container zu der Zeit und an dem Ort, den man mir genannt hatte. Aber der Anblick der Umgebung überraschte mich ziemlich.

Ich bin normal nicht pingelig, aber das hatte ich tatsächlich bis jetzt nicht gesehen und ich bin weit genug gereist, um zu wissen, dass nicht jeder das gleich empfindet.

Bericht aus dem Süden Europas - Das sizilianische Müllproblem

Aber hier wäre das wahrscheinlich jedem so gegangen.

Um die Tonnen herum lagen auf dem ganzen Feldabschnitt und seitwärts der Straße Mengen von Müll. Teilweise sogar auf der Straße. Von biologischen Abfällen über Glas und viele andere Dinge.

Ich bin Realist, um mir zu denken, dass es an einem Ort, an dem Müllcontainer unbeaufsichtigt und ohne Personal vor Ort stehen, nicht sauber und rein sein kann.

Aber dieses Beispiel war dann doch erschreckend für mich. Daher kontrollierte ich sicherheitshalber die Straße und meine Reifen bei jeder Gelegenheit, an der ich Müll zum Müllplatz gefahren habe.

Das Letzte, was ich wollte, waren Glassplitter oder anderes in den Reifen des Mietwagens.

Beobachtungen und Gespräche

Jetzt kann man sich natürlich darauf zurückziehen, dass das Touristenmüll ist. 

Bericht aus dem Süden Europas - Das sizilianische Müllproblem

Weggeschmissen von Personen, die das System nicht kennen oder damit überfordert sind.

Darüber habe ich auch nach Gesprächen mit den Einheimischen sehr intensiv nachgedacht. 

Das mag zum Teil sicher stimmen, aber diese Erklärung allein kann für mich nicht der Grund sein. Denn selbst die Einheimischen oder andere, die sich dort angesiedelt hatten, machten den Touristen grundsätzlich keine Vorwürfe.

Wir waren völlig außerhalb der Saison auf der Insel und haben im Verlaufe unseres Aufenthaltes sehr wenig andere Touristen gesehen.

Und nach der rein optischen Einschätzung war das nicht alles alter Müll, der dort herumlag, sondern auch sehr viel frischer Abfall, wie etwa Biomüll.

Tatsache ist, dass wir gesehen haben, dass es in ganz Sizilien einige Häuser italienischer Inlandstouristen gibt. Also Menschen, die nur zu bestimmten Zeiten vor Ort sind und sonst in anderen Teilen des Landes wohnen und arbeiten.

Diese Personen kennen sicher das örtlich verwendete Müllsystem. 

Aus meinen Erfahrungen in anderen Teilen Italiens weiß ich sicher, dass sich das generelle System nicht großartig unterscheidet.

Es ist sogar ähnlich zu unserem System in Deutschland und Italien ist ein Land mit einer der höchsten Recyclingquoten in ganz Europa.

Woher kommt also das Müllproblem hier im Süden Europas?

Mein Austausch mit den Einheimischen ergab eine Vielzahl von Gründen, die die ganze Situation insgesamt wohl in diesem Maße verschärft haben.

Bericht aus dem Süden Europas - Das sizilianische Müllproblem

Mangelnde Infrastruktur und ineffizientes Müllmanagement

Über Jahre hinweg gab es in vielen Teilen Siziliens keine adäquaten Entsorgungsanlagen oder Recyclingprogramme.

Die Infrastruktur zur Abfallentsorgung ist oft veraltet, und Müll wurde häufig auf Deponien abgeladen, die nicht umweltgerecht betrieben wurden.

Das hat zu einer Überlastung der Deponien und zu immer mehr illegalen Müllkippen geführt.

Soziokulturelle Faktoren

Sizilien Strassenmuell1

Traditionell war die Mülltrennung auf Sizilien – im Gegensatz zu vielen anderen Teilen Europas – lange kein Teil der Alltagskultur.

Recycling-Programme wurden in vielen Gemeinden erst spät eingeführt und stießen auf Widerstand, da es für viele Bürger eine Umstellung bedeutete, die mit zusätzlichem Aufwand verbunden war.

Es gab sogar ganze Bewegungen, die das Trennen von Müll als unnötig ablehnten. Seltsam, wenn man sich das mal so durchdenkt.

Reden wir hier von Bequemlichkeiten? Denn getrennt werden muss der Müll ohnehin. Entweder durch den Konsumenten oder durch das System gegen Bezahlung.

Dazu habe ich bei den Einheimischen, sicher auch vor dem Hintergrund von Arbeitslosigkeit, schwacher Wirtschaft, der Straßensituation und der Situation mit den Flüchtlingen, eine gewisse Resignation gespürt. 

Einfluss der Mafia

Ein weiterer Aspekt, der das Müllproblem verschärft hat, war nach meiner Recherche der Einfluss der Mafia.

Die Mafia kontrollierte und beeinflusste in der Vergangenheit Teile der Müllentsorgung und profitierte von illegalen Entsorgungsmethoden, wohl auch unter anderem im Meer.

Dies führte nicht nur zu Umweltproblemen, sondern erschwerte auch die Einführung effizienter und gesetzeskonformer Müllsysteme.

Politische Instabilität und Korruption

Auf der politischen Ebene gab es immer wieder Korruptionsskandale und Missmanagement, die dazu führten, dass Gelder für Abfallentsorgungsprojekte in der Verwaltung oft nicht effizient genutzt wurden.

Die Zusammenarbeit zwischen lokalen Regierungen und privaten Entsorgungsunternehmen war häufig ineffektiv oder korrupt, was die Einführung nachhaltiger Lösungen weiter verzögerte.

Langsame Anpassung an Umweltgesetze

Sizilien Strassenmuell2

Italien, einschließlich Sizilien, hat zwar in den letzten Jahrzehnten EU-Richtlinien zur Abfallentsorgung umgesetzt, jedoch oft mit Verzögerungen und nicht flächendeckend.

Das führte dazu, dass viele Gemeinden, insbesondere in ländlichen Gebieten, nur langsam an neue Umweltvorschriften angepasst wurden.

Sizilianische Initiativen

Erfreulicherweise gibt es mehrere Initiativen, die sich des Müllproblems angenommen haben. Diese sind bereits vor Ort aktiv, genauso im benachbarten Kalabrien und anderen Bereichen Süditaliens.

Ich beabsichtige hier drei wichtige davon vorzustellen, die auch in ganz Italien tätig sind und verschiedene Bereiche betreuen.

Legambiente

https://www.legambiente.it

Legambiente ist eine der größten Umweltorganisationen Italiens und spielt auch auf Sizilien eine bedeutende Rolle.

Sie organisiert regelmäßig Kampagnen zur Müllsammlung, Strandsäuberungsaktionen und Informationskampagnen zur Förderung der Mülltrennung.

Sie setzt sich besonders für den Schutz der sizilianischen Küsten ein, wo Plastikmüll und illegale Müllentsorgung ein großes Problem sind.

Zudem fördert die Organisation nachhaltige Praktiken und arbeitet mit Gemeinden zusammen, um die Mülltrennung und das Recycling zu verbessern.

Zero Waste Sizilien

https://zerowasteeurope.eu/member/zero-waste-italy/

Diese Bewegung ist Teil der internationalen Zero-Waste-Bewegung und strebt danach, die Abfallproduktion auf der Insel zu reduzieren.

Sie fördern nicht nur die Mülltrennung, sondern auch die uns bekannte Kreislaufwirtschaft, bei der Abfallprodukte wiederverwertet und Ressourcen geschont werden.

Zero Waste Sicily arbeitet daran, Gemeinden und Bürger durch Workshops und Schulungen zu mobilisieren, um die Müllmenge zu verringern.

Plasticfree Onlus

https://www.plasticfreeonlus.it/en

Diese Organisation arbeitet landesweit, auch auf Sizilien, und konzentriert sich darauf, Plastikmüll, vor allem Einwegplastik, zu reduzieren.

Sie organisieren lokal Aufräumaktionen und sensibilisieren die Bevölkerung durch Bildungsprojekte in Schulen und Gemeinden über die Auswirkungen von Plastikverschmutzung.

Sie fördern den bewussten Konsum und den Einsatz von Alternativen zu Plastik.

Zusammenfassung und Fazit des Berichts

Das Müllproblem ist definitiv für jeden sichtbar, der die Insel besucht oder dort lebt.

Es ist meine rein persönliche Meinung, aber ich habe immer wieder gedacht bei dem, was ich gesehen habe:

Schade. So eine reiche Natur und so gehen wir Menschen auch allgemein mit ihr um.

Die Gründe sind vielfältig und alle zusammen haben bewirkt, dass das Umdenken der Leute und der Politik nur sehr langsam vonstattengeht.

In den letzten Jahren hat sich das Bewusstsein für das Müllproblem zwar erhöht, und es gibt vermehrte Bemühungen um Recycling und saubere Entsorgung, aber es bleibt eine Herausforderung, die meiner Ansicht nach viel Anstrengungen und Unterstützung erfordern wird. 

Schließlich hat sich das Problem über große Flächen ausgeweitet.

Auch die Zusammenarbeit zwischen lokalen Initiativen und der Bevölkerung spielt eine entscheidende Rolle dabei, das Müllproblem langfristig zu lösen, was definitiv geschehen muss.

Natürlich bin ich als Deutscher und Nichtresident nicht befugt, zu urteilen. Das tue ich auch ausdrücklich nicht. 

Sizilien Strand2

Aber als Europäer und Natur- und Kulturliebhaber ist es für mich wichtig, dass die Einwohner Siziliens und die Behörden dieses Müllproblem gemeinsam lösen können. Schon im Hinblick auf die Zukunft.

Vielleicht trägt mein Bericht einen kleinen Teil dazu bei.

Danke dir für deine Aufmerksamkeit.

Viele Grüße

Florian

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